Das Prinzip der Instandhaltung


"Vor nichts muss sich das Alter mehr hüten,
als sich der Lässigkeit und Untätigkeit zu ergeben.
"

MARCUS TULLIUS CICERO
[römischer Politiker, Anwalt, Schriftsteller und Philosoph]

 

Das vierte Prinzip der MAGIE ist das Prinzip der Instandhaltung.

Das Prinzip der Instandhaltung bezieht sich sowohl auf die Evolution des Lebens an sich, als auch auf das einzelne Individuum. Was nicht ein­ge­setzt wird, wird zugunsten dessen, was tatsächlich genutzt wird, ab­gebaut.

Dieses Prinzip wirkte lange bevor es Flachbildschirme, Computer, Sofas und Entspannungsliegen gab. Im Englischen gibt es ein Sprich­wort, das es auf den Punkt bringt:

Use it or lose it. – Nutze es, oder du wirst es verlieren.

Es mehren sich die Hinweise, dass der mit den Jahren immer schneller einhergehende Abbau von Fähigkeiten zu einem sehr hohen Maß mit eben dieser abnehmenden Nutzung der Fähigkeiten zusammenhängt.

Das Prinzip der Instandhaltung ist ein grundlegendes Prinzip aller lebenden Organismen. Im Gegensatz zu toten Dingen ist „radikale Scho­nung“ für uns keine empfehlenswerte Strategie. Wer nach der De­vise handelt: „Ich schone mein Gehirn, dann habe ich länger etwas davon“, wird kaum Erfolg damit haben.

Denn für uns gilt das vierte Prinzip der MAGIE:

Unser Körper hält nur instand, was wir nutzen.

Haben Sie schon einmal einen Menschen erlebt, der nach einem Unfall meh­rere Wochen liegen musste? Die gesamte Muskulatur, ja sogar Or­ga­ne bauen in dieser Zeit rapide ab und manchmal ist es sehr schwer bis unmöglich, den vorherigen Stand wieder zu erreichen. Die Natur ist gna­den­los, was wir nicht benutzen, wird abgebaut, heruntergefahren und manchmal sogar ganz abgeschaltet.

Die gute Nachricht: Solange wir unserem Körper glaubhaft ver­sich­ern, dass wir eine Fähigkeit benötigen, wird unser Körper auch alles tun, um uns diese Fähigkeit zu erhalten.
Wie wir dies unserem Körper versichern? Ganz einfach, indem wir diese Fähigkeit regelmäßig anwenden bzw. nutzen.

Der Erhalt unseres Körpers kostet Energie. Hiervon betroffen ist jedoch nicht nur unsere Muskulatur, sondern auch die Bereitstellung kog­ni­ti­ver Fähigkeiten wie Gedächtnis, Lernfähigkeit, abstraktes Den­ken, räumliches Vorstellungsvermögen usw. Denken Sie beispielsweise an einen Profi-Schachspieler: Ohne regelmäßiges Trainieren hat er keine Chance in einem Wettkampf.

Eines unserer genetischen Grundprogramme lautet: „Energie sparen“. Wann immer wir einen Bereich unseres Körpers ver­nach­lässigen, eine Fähigkeit nicht mehr oder nur selten nutzen, fällt diese dem Rotstift namens „Energiesparen“ zum Opfer.

Die Zeitschrift Focus schrieb in ihrer Ausgabe 34/2007:

„Die Volksweisheit „Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmer­mehr“ hat ausgedient – es sei denn, Hans will nicht lernen und schaltet nach Feierabend nur noch den Fernseher ein, das Denkorgan aber aus. Wer nur noch konsumiert, aber nicht mehr reflektiert, verliert mentale Kraft.
Wer jedoch regelmäßig in Bewegung bleibt – und zwar geistig wie kör­per­lich –, wer nicht ausschließlich auf eingefahrenen Bahnen agiert, hat gute Chancen, Jahre länger als träge Menschen Spitzenleistungen voll­bringen zu können.“

Auch in der Neurologie weiß man, Nervenzellsysteme, die nicht benutzt werden, verkümmern. Bereits in den 1940er-Jahren formulierte der Psychologe Donald Hebb in seinem auch heute noch grund­le­gen­den „Hebb‘schen Postulat“:

„Neurons that fire together wire together“, und „use it or lose it“.


Wer beispielsweise seine Spiegelneuronen nicht nutzt, da er seine Fä­hig­keit die Emotionen anderer Menschen zu fühlen unterdrückt, darf sich nicht wundern, wenn er diese Fähigkeit irgendwann ganz verliert und seine emotionale Intelligenz stark ein­ge­schränkt wird.

Bereits die Römer postulierten: „Mens sana in corpore sano“. Dies be­deu­tet „ein gesunder Geist in einem gesunden Körper“. Immer mehr Studien belegen, dass Aktivität grundsätzlich einen positiven Einfluss so­wohl auf unseren Körper, als auch auf unser Gehirn hat. Inzwischen wissen wir, dass körperliches, mentales oder kognitives Training selbst in hohem Alter noch Wirkung zeigt. Es ist also nie zu spät, um damit an­zu­fangen.

Auf der anderen Seite ist es aber auch nie zu früh, um damit zu be­gin­nen. In jungen Jahren begonnenes Training verankert nicht nur po­si­ti­ve Lebensgewohnheiten, es hilft auch Reserven aufzubauen, die im Alter oder bei Krankheit helfen, Verluste zu kompensieren.


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